Sonntag, 16. August 2009

Sonnenschein

Therapie war so lala. Sie sagte, sie sieht das ich wieder in einem Loch bin, auch wenn es nicht ganz so tief ist wie letztes Mal. Sie sieht meine Hoffnungslosigkeit und gibt mir eine Hausaufgabe: aufzuschreiben was mir gut tut und aufzuschreiben was Glück für mich ausmacht. Sie fragt mich ob ich überlegt hätte ob ich wieder in die Klinik soll. Aber ich habe zu große Angst nicht mehr rauszukommen. Ich erzähle ihr das ich mich so verloren fühle. Nicht einsam, sondern unverstanden und von einem anderen Stern. Und wie ich die Menschen beneide, die einfach nur glücklich sind, egal was sie für einen job oder für Zukunftsaussichten haben.
Sie sagt ich habe das Recht jetzt glücklich zu sein. ,Als Kind sagt man sich: wenn ich groß bin, werde ich glücklich sein. Und heute ist diese Zeit. Heute ist auch ein Tag an dem Sie das Recht haben glücklich zu sein.' Sie erzählt mir von Menschen die ihr Studium abgebrochen haben und ihre Bestimmung ganz woanders gefunden haben. Und ich sage ihr, dass ich das nicht könne, weil ich weiß wie andere Menschen, selbst meine Familie, über solche Menschen reden. Selbst mein Freund denkt so über Studienabbrecher. Irgendwo ist man ein Versager. Und ich sage ihr, dass ich nicht weiß was mit mir nicht stimmt, wieso ich nicht glücklich sein kann. Mein Gott, andere Menschen setzen sich mit ner Tasse Tee und Keksen vor den Fernseher und sind glücklich. Und dann meine Mutter die mir sagte, dass meine Oma sich verändert habe und kaum noch anruft. Noch vor ein paar Wochen hat sie jeden Tag mehrmals angerufen. Meine Mutter sagte: ,Sie ist so komisch, als würde sie sich bereit machen...' ,Bereit wofür?' ,Zu gehen.' In ihren Worten schwingt jedesmal so ein: Melde dich doch mal bei ihr. Aber ich kann das nicht, weise das alles weit weg von mir. Sollen das die Menschen machen die in der Lage sind. Ich kann es nicht. Und ich will aufhören ein schlechtes Gewissen deswegen zu haben. Denn mein ganzes Sein ist bestimmt durch Scham und schlechtes Gewissen und Druck und sein-müssen und tun-müssen. Gestern hatten meine Eltern Besuch und mein Vater erzählte wieder von seiner Lebensgeschichte im Iran. Und als es um die vielen Hinrichtungen ging, sagte er: ,Alle meine Freunde wurden hingerichtet. Ich habe jetzt keine Freunde mehr.' Und ich will das alles wegschieben und verbuddeln, nicht hören müssen. Ich will eine Mutter die nachmittags im Garten arbeitet und einen Vater der im Schaukelstuhl vor dem Kamin liest. Eltern die sich übers Wetter unterhalten und einfach nur normal sind. Vielleicht könnte ich dann auch normal sein.

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